Friedrich Karl Joseph von Erthal
Kurfürst und Erzbischof von Mainz 1774 – 1802
Gemälde der Staatsgalerie im Schloss Johannisburg Aschaffenburg
Friedrich Karl Joseph von Erthal war vor seiner Wahl zum neuen Erzbischof Kurmainzer Gesandter am Wiener Kaiserhof. Er galt schon dort als problematische Persönlichkeit. Maria Theresia soll ihm nicht über den Weg getraut haben. Zeitgenossen beschreiben ihn als einerseits liebenswürdig, geistreich und hochgebildet, andererseits aber als eitel, empfindlich, nachtragend und unzuverlässig. So, wie es das Domkapitel von ihm erwartet hatte, machte er aber viele der liberalen Reformen seines Vorgängers rückgängig. Diejenigen, die meinten er habe sich zunächst fromm gestellt, um gewählt zu werden, schienen recht zu bekommen, als Erthal schon nach kurzer Zeit seinen Regierungsstil radikal änderte und zum aufgeklärten absolutistischen Regenten wurde. Die Wende war so gravierend, daß sich das Domkapitel getäuscht fühlte und dem Erzbischof ein taktisches Spiel vorwarf. Man warf Erthal außerdem vor, daß er sich mit einer großen Zahl von Frauen umgab, die an seinem Hofe eine besondere Rolle spielten. Kritiker des Erzbischofs bezeichneten die Zustände im altehrwürdigen Bistum als heidnisch oder verrottet und verglichen Erthal in seiner Lebensweise mit seinem früheren Amtsvorgänger Kardinal Albrecht von Brandenburg.
Der Kurfürst war aber ein tatkräftiger Regent. Mit päpstlicher Genehmigung säkularisierte er 1781 drei wohlhabende Klöster und führte mit deren Vermögen eine umfassende Universitätsreform durch. Auf die neuen Lehrstühle wurden herausragende Gelehrte, darunter auch viele Protestanten berufen. Viele bekannten sich zu den Gedanken der französischen Revolution, die 1789 ausgebrochen war und nun auch die alte Ordnung im Reich bedrohte. Doch zunächst wurden Mainz und sein jetzt toleranter Fürstenhof zum Treffpunkt für aufgeklärte und freiheitliche Intellektuelle.
1790 krönte der Kurfürst in Frankfurt Leopold II.. Der Kaiser war noch 1792 Gast des Kurfürsten in Aschaffenburg. Als er im gleichen Jahr verstarb, konnte Erthal bei der Krönung von Franz II. noch einmal seine besondere Rolle als Erzkanzler und Königskröner genießen.
Die Bedeutung der Mainzer Kurfürsten spiegelte sich zum letzten Mal auch in dem Umfang seiner Delegation wider. Erthal traf mit 1.500 Hofleuten in Frankfurt ein.
Wenige Monate später musste er wegen der revolutionären Unruhen Mainz verlassen und sich nach Aschaffenburg zurückziehen. Von hier aus erlebte er Ende 1792 die Gründung der „Mainzer Republik“, die unter schweren Verlusten und weitgehender Zerstörung der Stadt durch die preußischen Koalitionstruppen befreit wurde. Die folgende letzte Phase der Regierungsgewalt des Kurfürsten über seine Landeshauptstadt währte aber nur wenige Jahre bis 1797, als die Franzosen endgültig die linksrheinischen Gebiete des Kurfürsten gemäß einem Abkommen mit Österreich übernahmen. Erthal musste den territorialen Verlusten machtlos zusehen.
Johann Wolfgang von Goethe, der uns bereits aus der Amtszeit des Kurfürsten Emmerich Joseph von Breidbach-Bürresheim einen Augenzeugenbericht überliefert hat (1764), war auch bei den hier genannten Ereignissen in Frankreich (1792) und Mainz (1793) als Begleiter von Herzog Carl August von Sachsen-Weimar dabei, in dessen Diensten er stand. Aus Goethes Schrift „Campagne in Frankreich“ ist uns sein Ausspruch überliefert „Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus“. In der „Belagerung von Maynz“ gibt er einen nachhaltigen Eindruck von den Zuständen und Schicksalen in der zerstörten Stadt.
Die Verlegung des kurfürstlichen Hofes und die damit verbundene Wandlung Aschaffenburgs zur Regierungsstadt leiteten ein erheblichen Aufschwung ein. Es entstanden unsere herrlichen Gartenanlagen Schöntal, Fasanerie und der Schönbusch mit seinem klassizistischen Schlößchen. Mit der Hofbibliothek kamen wertvollste Urkunden und Bücher, darunter auch die berühmte Gutenberg-Bibel, nach Aschaffenburg. Erthal begründete hier eine bedeutende Kupferstichsammlung und daß sich in Aschaffenburg heute die größte bayerische Gemäldesammlung außerhalb der Landeshauptstadt München befindet, ist ebenso dem Kurfürsten und natürlich den Umständen seiner Zeit zu verdanken. Der Kurfürst starb 1802 im Alter von 83 Jahren in Aschaffenburg und wurde in der Stiftkirche beigesetzt. Ein dort aufgestelltes monumentales Grabmal und eine nach ihm benannte Straße in der Innenstadt erinnern an den Erzbischof, der mit Aschaffenburg schicksalhaft verbunden war.
Grabmal Erthals in der Aschaffenburger Stiftskirche
Eigenhändige Unterschrift des Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal
in der „Schildgerechtigkeit“ (Gaststättenerlaubnis) vom 31.3.1781
für das Gasthaus „Zur goldenen Cron“ von Valentin Sattig in der Dalbergstraße
Dekret der „Mainzer Republik“, dem während der französischen Besetzung 1792/93
zwischen Landau und Bingen ausgerufenen ersten deutschen Freistaat.
Kurfürst Erthal war aus Mainz nach Aschaffenburg geflohen.